Docs for Democracy steht für ein Finanzierungsmodell, das an die Grundüberlegungen des öffentlich-rechtlichen Gedankens neu anknüpft: Vollfinanzierung der Herstellung und pauschale Abgeltung der Nutzungsrechte für größtmögliche Reichweite der Produktionen auf der Grundlage eines fairen, branchenübergreifenden Konsenses. Davon werden vor allem die kleineren Produktionsunternehmen und einzelnen Medienmacher:innen profitieren.
Warum das notwendig ist, erläutert der Medienforscher Jörg Langer:
7.1 Docs for Democracy schützt die kleinen Produzent:innen und unabhängigen Medienmacher:innen
Docs for Democracy geht davon aus, dass ein Großteil der kleineren Produktionsunternehmen sich lieber darauf konzentrieren würde, Projekte inhaltlich zu entwickeln und voll finanziert zu realisieren, anstatt sich zusätzlich zu ihrer kreativen Arbeit noch als Geldsammler und Medienvertrieb betätigen zu müssen.
Weil das aber im derzeitigen System immer mehr zur Regel wird, besteht derzeit eine klare Tendenz zur Prekarisierung. Die kleinen Produzent:innen fallen aus den bestehenden Förderstrukturen heraus, der „Markt“ soll sich konsolidieren.
Wir wollen diesen Trend stoppen, weil dadurch Vielfalt unwiederbringlich verlorengeht.
Docs for Democracy ist selbstverwaltet für maximale demokratische Teilhabe, Transparenz und zur Verhinderung von Honorardumping.
Damit das gelingen kann, ist eine Selbstverwaltung der Mittel durch die Medienstiftung Docs for Democracy zentraler und unverzichtbarer Bestandteil des Reformvorschlages.
Richtig ist aber: Das Ziel, Qualitätsinhalte zu produzieren, die dann der Öffentlichkeit möglichst langfristig zur Verfügung stehen sollen, stellt eine medienrechtliche Herausforderung dar. Denn bislang orientiert sich die Verwertungslogik vor allem an der zeitlich begrenzten linearen Ausstrahlung. Die Frage, was eine langfristige Rechteabtretung im digitalen Raum unter Geschichtspunkten der Gemeinwohlorientierung kosten muss, ist derzeit noch ungeklärt.
Hierfür muss im Rahmen eines neuartigen Verfahrens ein Konsens zwischen den Branchenteilnehmer:innen und den Beitragszahler:innen hergestellt werden, die durch die Politik und die Gerichte vertreten werden. Wie das gehen kann – dazu lassen wir derzeit Gutachten erstellen.
7.2 Entsteht mit Docs for Democracy nicht ein unkontrollierbarer Selbstbedienungsladen für Möchtegern-Künstler und Ewig-Zukurzgekommene?
Nein, das ist nicht zu befürchten! Bei Docs for Democracy gelten strenge Qualitätsmassstäbe und Bewertungskriterien für die Projektvergabe. Sie folgen allerdings einer ganz anderen Logik als im bestehenden System.
Außerdem kontrolliert die Stiftungsaufsicht des Bundeslandes in dem die Stiftung ihren Sitz hat, ob die Verhältnismäßigkeit der Mittelverwendung gewahrt bleibt.
Richtig ist aber, dass es insbesondere zur Frage des Wertes von Auswertungsrechten weiteren Klärungsbedarf gibt. Dazu lassen wir Gutachten erstellen.
7.3 Besteht die Gefahr eines künftigen Honorardumping durch pauschale Rechteabgeltung?
Nein, das ist nicht zu befürchten! Die Selbstverwaltung der Mittel im Rahmen von Docs for Democracy ist ein neu eingerichtetes Verfahren, das sicherstellt, dass die Interessen der Medienmacher:innen gewahrt bleiben. Im Gegenteil wird die Implementierung des Docs for Democracy Modells auch für diejenigen Medienmacher:innen positive Effekte haben, die weiter im herkömmlichen Produktionsmodus der öffentlich-rechtlichen Anstalten agieren wollen, denn erstmals in der Geschichte der öffentlich-rechtlichen Medien in Deutschland entsteht eine echte Alternative zum Auftragsoligopol der öffentlich-rechtlichen Anstalten, die dadurch gezwungen werden, ihrerseits bessere Produktionsbedingungen zu schaffen.
7.4 Muss ich als Produzent einen Rückgang des ö/r Produktionsvolumens im Dok-Bereich befürchten?
Ziel von Docs for Democracy ist ja unter anderem, der von Politik, Gerichten und Bürgern immer wieder geäußerten Forderung nach einer Priorisierung von Information, Bildung und Beratung Rechnung zu tragen. Allein mit lediglich zwei Prozent der Beitragsmittel aus dem Rundfunkbeitrag würde der reale Zuwachs für das dokumentarische Genre jährlich etwa 160 Millionen Euro betragen. Verschmerzbar für die Anstalten mit ihrem Gesamtetat von 9 Mrd. EUR. Aber viel – nämlich mehr als eine Verdoppelung – für das dokumentarische Genre, das derzeit mit ca. 1,5% der Gesamteinnahmen abgespeist wird.
Dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihr eigenes dokumentarisches Produktionsvolumen nennenswert reduzieren und dadurch etablierte Marken aufgeben erscheint dagegen in hohem Maße unwahrscheinlich. Denn Docs for Democracy entlässt die Sender ja nicht aus ihrer Verantwortung, auch ihrerseits dem Programmauftrag nachzukommen. Im Gegenteil entsteht gerade durch Docs for Democracy erst ein echter Wettbewerb um Qualität, Innovation, Sichtbarkeit, Schnelligkeit und faire Vertragsbedingungen.