Die Förderung erfolgt als Projektfinanzierung zu 100 Prozent. Kalkulationen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen und haben sich an den bestehenden Tarifverträgen bzw. GVR Vereinbarungen und AGB zu orientieren. Branchenübliche Kostennachweise sind nach Projektende zu erbringen.
4.1 Recherche- und Treatment-Förderung
Gefördert werden Recherchen und Stoffentwicklungen.
4.2 Produktionsförderung
Gefördert wird die Produktion gemeinwohlorientierter dokumentarischer Bewegtbild-Inhalte.
4.3 Postproduktionsförderung für bereits begonnene Projekte
Für bereits begonnene Projekte kann Postproduktionsförderung beantragt werden. Voraussetzung ist die anschließende möglichst freie Lizensierung des entstehenden Werkes für die Verwertung in Deutschland.
4.4 Stärkung der Kinokultur durch Förderung des Selbstverleihs
Die ursprüngliche Idee der Filmförderung in der Bundesrepublik war, Filme mit starkem künstlerischem Anliegen möglich zu machen. Diese Idee hat sich ins Gegenteil verkehrt, wie etwa der langjährige Leiter der Internationalen Filmtage Oberhausen, Lars Henrik Gass, deutlich macht.
Faktisch wird heute Filmen mit künstlerischen Anliegen der Zugang zur Förderung systemisch verwehrt, weil sie die Voraussetzungen für den inzwischen ebenso geforderten wirtschaftlichen Erfolg nicht erfüllen können.
Wer das Kino für den Dokumentarfilm erhalten will, muss eingestehen und aussprechen, dass an einer gänzlich neuen Förderlogik kein Weg vorbeiführt. Kino kann gesellschaftlich integrierend wirken, weil hier ein Gemeinschaftserlebnis möglich ist und zwischenmenschliche Kommunikation befördert wird.
Die Förderung des Selbstverleihs kann in etwa analog zur Idee eines Lesungsfonds verstanden werden, wie es der Förderverein Buch mit einem Pilotprojekt im Jahr 2020 erfolgreich vorgemacht hat. Gewährt werden daher Zuschüsse zu einer Kino-Tour der selbstverleihenden Medienmacher:in einschließlich der dazu nötigen Marketingmaßnahmen. Förderziel ist die aktive Pflege des Kinos als kulturell bedeutsamer Ort.
Die Vorteile liegen auf der Hand, – auch für Kinobetreiber:innen, Kommunale Kinos und Kinematheken: Da Mindestgarantien und Zuschauerabhängige Lizenzzahlungen für Filme die hier gefördert wurden wegfallen, erhalten die Abspielstätten die Möglichkeit Programme und Reihen kostenneutral anzubieten (z.B. Dok-Tag).
Es ist so auch möglich für diese Filme, je nach individuellen Infrastukturkosten der Kinobetreiber:innen, günstigere Eintrittspreise anzubieten. Dies erlaubt es größeren Teilen der Gesellschaft und auch sozial Schwächeren wieder ins Kino zu gehen, als dies derzeit der Fall ist (z.B. auch Hartz IV Empfänger:innen, Schüler:innen, Studierenden und Renter:innen – hier auch im Hinblick auf die zukünftig steigende Zahl der Empfänger von Grundsicherungsleistungen). Das Kino als Ort des Zusammenkommens und Austausches von Ideen muss wieder in den Vordergrund gerückt werden.
4.5 Marketing und Auswertung – der Weg zum Publikum
Die Auswertungs-Förderlogik von Docs for Democracy ist eigentlich ganz einfach: Viele Medien konkurrieren heute um Aufmerksamkeit. Damit Qualitätsmedien – die vielfach mit Differenzierungen und leiseren Tönen arbeiten – überhaupt gefunden und wahrgenommen werde können, braucht es Mittel, um diese Aufmerksamkeit herzustellen. Nur so lässt sich demokratische Daseinsvorsorge gewährleisten. Es geht darum, das möglichst viele Menschen auf diese Medien aufmerksam zu machen und diese so schrankenlos bereitzustellen wie es – unter Wahrung der Interessen der Medienmacher:innen, möglich ist.
Mit anderen Worten: es ist notwendig Geld, auszugeben, um Menschen zu erreichen.
Deswegen können bei Docs for Democracy, abhängig von Form, Zielpublikum und geplanten Verbreitungsstrategien, im Rahmen eines Gesamtverbreitungskonzeptes Mittel für Marketing- und Auswertungsmaßnahmen beantragt werden. Dabei spielen Kooperationen mit medien- und bildungspolitischen, gemeinwohlorientierten Einrichtungen (wie z.B. Bundeszentrale für politische Bildung, Grimme-Institut, Goethe-Institute, Schulkinowoche, Kinematheken), zivilgesellschaftlichen Gruppen und Akteur:innen eine wesentliche Rolle als Multiplikator. Sie begleiten und bewerben die Veröffentlichungen. Die Institutionen sollen die entstandenen Medien für ihre eigene Arbeit nutzen und verbreiten können.
In einer weiteren Förderschiene können sowohl Filmschaffende selber, aber auch andere Akteur:innen (z.B. Vertriebe, Kinos, zivilgesellschaftliche Gruppen) Förderung für innovative Vertriebsideen beantragen. Neben überzeugenden digitalen Konzepten können hier auch kuratierte Veranstaltungsreihen gefördert werden.
Die Idee des ambulanten Kinos wird belebt, indem die Filme flexibel einsetzbar an die Orte gehen, wo sich das Publikum befindet.
Filmschaffende und/oder andere zivilgesellschaftlichen Akteur:innen begleiten die Präsentationen der Filme und stehen für eine inhaltliche und filmästhetische Auseinandersetzung zur Verfügung. Damit eröffnen sich neue Räume demokratischer Debattenkultur und Teilhabe.
Docs for Democracy könnte sich als eine strukturierte und ansprechende Plattform im Netz sowie auf relevanten Social Media-Kanälen etablieren. Jede neue Produktion kann bei Veröffentlichung in einer digitalen offenen Veranstaltung mit anschließenden Gesprächs- und Diskussionsrunden präsentiert.
Durch eine aktive Einbindung der Kinos, Filmschaffenden und Produktionsfirmen wird die klassische, auf Marktorientierung setzende Verwertung neu gedacht. Der Verleih funktioniert dabei wie eine kulturelle Agentur, um den Film zu bewerben, ähnlich der Bewerbung eines Theaterstückes. Den Film bekommt das Kino/die Kinemathek umsonst, dafür kann es/sie aber die Filmschaffenden gegen ein Entgelt einladen, gegebenenfalls unterstützt durch die Vertriebsförderung.
4.6 Ist Auswertung über frei zugängliche kommerzielle Plattformen (YouTube & Co.) ein Problem?
Richtig ist, dass im Rahmen einer kommerziellen Verwertungskette Pauschalzahlungen den Medienmacher:innen häufig zum Nachteil gereichen während Verwerter:innen profitieren. Gerade für Intermediäre (Google, Facebook etc.) gilt, dass die weitgehend kostenlose Weiterverwertung bestehender Werke einen wesentlichen Teil des Erfolgs der Geschäftsmodelle dieser Unternehmen ausmacht. Zu Lasten der Medienmacher:innen.
Richtig ist aber auch, dass sich die Förderlogik von Docs for Democracy von proftitorientierten Erwägungen grundlegend unterscheidet. Es sollen am Gemeinwohl orientierte Medien entstehen, die sich jeglicher Quotenlogik entziehen. Gleichzeitig kommt diesen Medien eine vom demokratischen Gemeinwesen gewünschte Public Value Funktion als meritorisches Gut zu und es ist insofern durchaus gewünscht, eine möglichst breite Rezeption dieser Medien zu erreichen. Aufgrund der möglichst freien Lizenzierung gibt es in dieser Logik keine direkten kommerziellen Verwerter mehr, weil das Förderziel in der Transmission von gemeinwohlfördernden Ideen in die Gesellschaft und nicht im Generieren von Gewinnen besteht.
Abzuwägen ist, welches Argument schwerer wiegt:
- das Durchsetzen eines in vielen Fällen abstrakten und – für dokumentarische Medien national wie international kaum je lukrativen – urheberrechtlichen Prinzips der gesonderten Vergütung für jede Nutzung. Dieses Prinzip kann aber eine langfristige und dauerhafte Nutzung bereits produzierter Medien erfahrungsgemäß wirkungsvoll verhindern, weil diese Medien dann hinter Bezahlschranken oder im Archiv verschwinden, während Lügen, Hass und Propaganda im Netz und anderswo frei vefügbar sind. Jüngste Vereinbarungen, etwa mit Netflix, zeigen überdies, dass die verhandelbaren Beträge für eine abrufbasierte nachträgliche Rechteabgeltung geradezu lächerlich niedrig sind.
- Oder das Interesse der Beitragszahler*innen, die diese Form der Medienproduktion überhaupt erst möglich machen, jederzeit auf Medien von hoher Gemeinwohlqualität zugreifen zu können, wenn deren Produktion und Buy-Out Lizensierung im Rahmen eines Konsenses der politischen Vertreter*innen der Medienmacher*innen als abgegolten gelten kann.
Die derzeit diskutierte DSM-Richtlinie zur Harmonisierung der europäischen Urheberrechtsgesetzgebung lässt das auf Pauschalzahlungen basierende Docs for Democracy Modell jedenfalls ausdrücklich zu. In Erwägungsrichtlinie 73 heißt es dazu:
„Auch eine Pauschalzahlung kann eine verhältnismäßige Vergütung sein… . Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, unter Berücksichtigung der Besonderheiten jeder Branche Sonderfälle zu bestimmen, in denen eine Pauschalzahlung geleistet werden kann. Es sollte den Mitgliedstaaten freistehen, den Grundsatz der angemessenen und verhältnismäßigen Vergütung mit verschiedenen bestehenden oder neu eingerichteten Verfahren, die unter anderem Kollektivverhandlungen und andere Verfahren umfassen könnten, umzusetzen, sofern sie dem geltenden Unionsrecht entsprechen.“
Das Konzept der Selbstverwaltung der Mittel im Rahmen von „Docs for Democracy“ ist ein solches neu eingerichtetes Verfahren das sicherstellt, dass die Interessen der Medienmacher*innen gewahrt bleiben!
Im Übrigen: natürlich gibt es auch im bestehenden System vielfach Total Buy Out Verträge. Allerdings sind es hier ausschließlich die Anstaltsoligopole die die Terms of Trade festlegen und die Medienmacher*innen aufgrund ihrer Marktmacht de facto zwingen können, besonders beliebte Sendereihen für kleines Geld endlos auszuwerten.
Ein Großteil der Dok-Produktionen der ö/r Anstalten werden längst auf YouTube sichtbar gemacht. Als Fazit kann gelten: Nicht YouTube und Co. Sind per se das Problem, sondern viel eher die Frage, wie eine angemessene Vergütung erfolgen soll.
Darüber hinaus macht es aber auch Sinn, dafür Sorge zu tragen, dass zumindest ein Teil der von DfD produzierten Produktionen im Rahmen einer Fensterregelung auch in den linearen Angeboten der bestehenden Sender zu finden ist: